Chancen kreativer Bewerbungsunterlagen
Chancen kreativer Bewerbungsunterlagen
Oder: im Wald vor lauter Bäumen
Durchschnittlich 60 Sekunden bis zu 2 Minuten verbringen Personaler mit der Sichtung einzelner Bewerbungen. Denn Bewerbungen werden meisten im Stapel bearbeitet. Umso wichtiger ist es für Bewerber, mit der eigenen Bewerbungsmappe positiv aufzufallen, Interesse zu wecken und Wirkung zu erzielen.
Denn Kompetenzen, Berufs- und Auslandserfahrungen sind noch lange kein Garant für eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch.
Kreativität nicht vernachlässigen
Viele verfügen über die idealen Qualifikationen, Ausbildungen und beruflichen Erfahrungen und gehen dennoch im großen Stapel der Bewerbungsunterlagen in den Personalabteilungen unter. Wer jedoch erst genauso viel Kompetenz in die Ausarbeitung und Gestaltung seiner Bewerbungsmappe legt, versteht es, für sein Profil zu werben. Doch um für sich zu werben, bedarf es Kreativität. Und die gehört nicht unbedingt zu den Kernkompetenzen jeder Branche oder in jedem Bereich.
Nicht nur Kompetenz zählt
Und da Bewerber meistens ihre Kernkompetenzen unter Beweis stellen wollen, werden Formulierungen und die Gestaltung der Bewerbungsmappe oft verdrängt. Dabei sollten nach Meinung von erfahrenen Karriereberatern durchaus auch die persönlichen und beruflichen Schwächen herausgestellt werden. Auch wenn es eher ungewöhnlich und für Traditionalisten widersprüchlich erscheint – ein zusätzlicher Abschnitt im Lebenslauf über die persönlichen Schwächen des Bewerbers kann viel erklären; so auch ein missratenes Mappenlayout.
Offenheit durch Inkompetenzen unterstreichen
Tatsächlich: Klassische Bewerbungen mit der Rubrik „Was ich kann“ bietet zwar die Chance, Kernkompetenzen auf einem Blick darzustellen. Eine zusätzliche Rubrik mit Dingen und Aspekten, die nicht so gut gelingen, zu nichtvorhandenen Kenntnissen oder gänzlich fehlenden Kompetenzen zeugt über vorhandene Selbstkritik und den Mut des Bewerbers, persönliche Schwächen durchaus zu benennen. Wenn es bei der Bewerbung nicht unbedingt um die Position eines Spitzenpolitikers geht, kann Selbstkritik durchaus ein Bewerbungsvorteil sein. Tatsächlich sind viele Personaler über Offenheit und Ehrlichkeit überrascht und ziehen derartige Bewerber gerne den „üblichen Verdächtigen“ vor. Die Aufmerksamkeit während der Mappen-Sichtung ist jedenfalls so gut wie garantiert.
Was im TV recht ist, sollte im Anschreiben billig sein
Aufmerksamkeit kann auch mittels „Cliffhangern“ erzeugt werden. So kann mit bestimmten Formulierungen im Anschreiben Interesse der Leser auf die Bewerbungsmappe gelenkt werden: „Wenn Sie wissen wollen, mit wem ich in Los Angeles keineswegs Urlaub gemacht habe, lesen Sie unter „Auslandserfahrungen“ mehr“, wird der lesende Personaler fast zum blättern genötigt. Außerdem stärkt erzeugte Neugierde das Profil und brennt sich ins Gedächtnis der Leser – die beste Voraussetzung für ein persönliches Gespräch.
Dem Anlass gemäss
Zuviel Kreativität kann aber auch abschrecken. Vor allem sollte das Mass an Kreativität schon auf die Branche oder Stellung passen, auf die sich beworben wird. Eine grafische Bewerbungsmappe als Poster im Querformat mag zwar eine stilistische Meisterleistung sein – wer sich damit jedoch auf die Stelle eines Bankkaufmanns bewirbt, sollte sich dann nicht wundern, von der Werbeabteilung dieser Bank zu einem Gespräch eingeladen zu werden.
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Das halte ich für sehr gefährlich, besonders in Deutschland. Hier geht es doch mehr um Normen und weniger um Individualität. Die Hälfte der Personaler würde sich nicht einmal die Mühe machen, eine kreative Bewerbungsmappe zu sichten. Ich wette, die wird weggelegt, weil man den Bewerber verdächtigt, mit der kreativen Mappe von seiner Inkompetenz und mangelnden Erfahrungen abzulenken.